Vor etwa zwei Jahren besann sich Deutschland plötzlich wieder seiner Freundschaft zu Brasilien. Das lag an Präsident Lula. Mit ihm verband man die Hoffnung, den Mercosur-Deal nach zwei Jahrzehnten Verhandlungen nun endlich unter Dach und Fach zu bringen und einen Partner in den drängenden Klima- und Umweltfragen zu finden. Das lag aber auch an den Folgen der Coronapandemie, die Verarbeitungsketten unterbrochen hatte. Und es lag an den geopolitischen Umbrüchen – dem Krieg in der Ukraine oder den Handelsstreitigkeiten zwischen USA und China. Friendshoring wurde zum geflügelten Wort – Deutschland begab sich auf die Suche nach Liefer- und Produktionsketten mit Partnern, die die eigenen Werte teilen und gute Voraussetzungen für eine starke Wirtschaftspartnerschaft mitbringen.
Brasilien, traditionell wichtigster Handelspartner Deutschlands in Südamerika, tut das. Nahrungsmittel, Rohstoffe, traditionelle wie nachhaltige Energie, Marktgröße – Brasilien hat viel von dem, was Deutschland sucht. Und Deutschland hätte gleichermaßen gute Angebote: Produkte und Lösungen für den Industriesektor und die Verkehrsinfrastruktur zum Beispiel. Auch für den Dienstleistungsbereich. Konsumgüter für die wachsende Mittelschicht. Bildung, Forschung und Entwicklung.
Aber ist das genug? Die chinesische Konkurrenz in Brasilien war und ist für viele deutsche Unternehmen eine große Herausforderung. Aber bei weitem nicht die einzige. Es geht auch um regulatorische Risiken, die Qualität und Unterschiede in der logistischen Infrastruktur, die Qualifikation der Arbeitskräfte, die Rechtssicherheit und letztendlich auch fehlendes Marktwissen. Dennoch: Wer einen Blick auf Lateinamerika wirft, kommt an Brasilien eigentlich nicht vorbei.